Spänelager im Zellstoffwerk Mercer Rosenthal, Rosenthal am Rennsteig, Deutschland

Wenn es den Nachbarn stinkt

Beate Schnitzer | Leiterin Umweltschutz

Weit abseits von Metropolen, in einer verträumten Landschaft umgeben von viel Natur, liegt Rosenthal am Rennsteig. In diesem Idyll leben Menschen, die einen hohen Erholungswert in ihrer Freizeit zu schätzen wissen. 

Doch dieser Einklang mit der Natur wird manchmal getrübt von unangenehmen Gerüchen, von Industrielärm oder von Holzstaub, der sich bei ungünstigen Wetterlagen auf den Gartenmöbeln absetzt. Denn in direkter Nachbarschaft liegt das Zellstoffwerk “Mercer Rosenthal”. Hin und wieder erhalten wir deshalb Beschwerden aus der Nachbarschaft unseres Werkes. 

Ein Grund, um nach einer nachhaltigen Lösung zu suchen. 

In einem interdisziplinär zusammengesetzten Projektteam rund um das Thema “Staub, Lärm, Geruch” haben wir zunächst aus Sicht der Nachbarschaft auf unser Werk geschaut. Wodurch fühlen sich Nachbarn am häufigsten durch unsere Produktion gestört? Gibt es Orte, aus denen auffällig viele Beschwerden an uns herangetragen werden? 

An diesem Punkt wurde uns ein Knackpunkt in der Datenbasis bewusst. Es gab sehr unterschiedliche Arten und Weisen, wie Beschwerden an uns herangetragen wurden. Je nachdem bei welchem Bearbeiter die Beschwerde einging, wurde unterschiedlich reagiert. Seitdem haben wir unsere Verfahrensweise im Umgang mit den Beschwerden in einem Prozess systematisiert. Unabhängig davon, ob ein Nachbar anruft oder den Kontakt über unsere Internetseite sucht, landen die Informationen bei der zuständigen Stelle, die sich dann mit dem Betroffenen in Verbindung setzen kann.

Um verlässliche Informationen zu erhalten, wurde eine Mitarbeiterumfrage gestartet. Sie hatte zum Ziel zu ermitteln, in welchem Umkreis unsere Zellstoffproduktion hinsichtlich Staub, Lärm und Geruch bemerkbar ist. Auf diese Weise konnten wir unseren Wirkungsradius eingrenzen. Dort, wo die meisten Einwirkungen zu verzeichnen waren, also in der direkten Nachbarschaft, haben wir zusätzlich noch einige Mitarbeiter gebeten, vier Wochen lang aufzuzeichnen, wie sie die Umwelteinwirkungen empfinden.

Mit diesen Daten konnten wir Muster erkennen, welche Wetterlagen und Betriebszustände häufiger dazu führen, dass die Nachbarschaft gestört wird. Mit dem Wissen über die Hauptübeltäter haben wir eine gute Chance, das Problem an der Wurzel anzupacken. Technische und organisatorische Maßnahmen sind zur Zeit in der Umsetzung, um leiser, staubärmer und weniger geruchsintensiv zu werden. 

Zurzeit verändern wir beispielsweise die Befeuchtungsanlage der Hackschnitzel. Diese werden als Nebenprodukte aus Sägewerken angeliefert, über lange Förderbänder in eine Höhe von circa 35 Meter transportiert, um sie dort auf große Haufen (“Piles”) abrieseln zu lassen. Der Staub, der dabei entsteht, kann durch eine optimale Befeuchtung an den Hackschnitzeln gebunden werden.

Eine weitere Maßnahme betrifft die Zufuhr von Baumstämmen in ein Gebäude, in dem sie entrindet und zerkleinert werden. Diese Prozesse sind sehr laut, weswegen die Gebäudeöffnung nun auf ein Minimum verkleinert werden soll. Ein schalltechnischer Spezialist entwickelt zusammen mit unserer Bauabteilung den optimalen Kompromiss zwischen Lärmschutz und Prozess-Erfordernissen.

Ein weiteres Beispiel ist die Optimierung des Systems, mit dem wir Geruchsgase sammeln, um sie anschließend unter thermischer Nutzung zu neutralisieren – also zu verbrennen. Für die Absaugung dieser “Gerüche” ist ein permanenter Unterdruck notwendig. Ob dieser an allen Stellen des Systems optimal vorliegt, überprüfen unsere Spezialisten. 

Nach der Umsetzung dieser und weiterer Maßnahmen werden wir kontrollieren, ob sie auch wirklich den gewünschten Effekt erzielen. Wir wissen auch, dass wir nie so gut wie eine Schokoladenfabrik duften werden. Wir hoffen trotzdem, dass die Nachbarschaft nicht aufhört, uns weiterhin wertvolle Hinweise zu geben, wie wir uns verbessern können. Hinweise sind im Sinne einer positiven Fehlerkultur herzlich willkommen!


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